Bedingt brauchbares Erfahrungswissen - ein Praktiker-Buch über Geschäftssprache

Ein erfahrener Trainer, Coach und Berater legt ein Sachbuch über Business-Sprache im Haufe-Verlag vor. Wer sich darauf einlässt: man muss sehr bereit sein, vor allem den persönlichen Erfahrungen des Autors zu vertrauen. Denn die etablierten Fachgrößen der Kommunikations-Theoretiker führt er in seinem Buch nicht an.

Wenn ein erfahrener Experte in Fragen von Vertrieb und Personal, seit langem tätig als Berater, Trainer und Coach, irgendwann den Wunsch verspürt, sein Wissen zusätzlich in einem Buch zu vermitteln, das kommt ja nicht selten vor. Michael Hans Hahl, mit langjährigem Management-Hintergrund in der Immobilienbranche und der Wohnungswirtschaft, hat so ein Buch im Haufe-Verlag aktuell vorgelegt. Es ist ein 200-Seiten-Papberback über Sprache und Sprachgewohnheiten im Geschäftsleben. Über förderliche und hinderliche Gewohnheiten. Es ist ein anwendungsorientiertes Buch, mit zahllosen Ratschlägen des Autors an seine Leser. Diese kommen mal ziemlich allgemein gehalten mehr, mal als konkret ausformulierte Text- und Satzbausteine.

Wie valide und wie solide ist das hier ausgebreitete Wissen, das der Autor immer wieder auf seine eigenen Erfahrungen rückbezieht? Bei den Themen, zu denen sich Hahl in insgesamt 33 Kapiteln äußert, ist es aber eigentlich gar nicht erforderlich, auf seine Erfahrungen zu rekurrieren. Denn die wirklich allermeisten der hier ausgebreiteten Grundlagen-Inhalte kennt ein schon nur durchschnittlicher an Kommunikationsthemen Interessierter schon länger aus den Büchern der Kommunikations-Großmeister wie Paul Watzlawick, Schulz von Thun, Robert Cialdini, Albert Thiele, Wolfgang Menzel, Verena F. Birkenbihl u.a. Allerdings zitiert Hahl diese gar nicht. Mit Blick auf den von ihm verwendeten Untertitel den Weltbestseller Cialdinis nicht zu zitieren, ist grenzwertig und dies sollte vom Haufe-Lektorat noch einmal selbstkritisch reflektiert werden. Schaut man ins Literaturverzeichnis, dann ist das Urteil eines akademisch-wissenschaftlichen kritischen Lesers über die Brauchbarkeit des Buches schnell gefällt. Da kommt in den insgesamt nur 17 Quellen von den Genannten lediglich Schulz von Thun vor. Vier Quellen sind Wikipedia-Artikel ...

In den ersten zwei Dritteln des Buches besteht die Lektüre aus vielen Alltagserfahrungen des Autors, auch Alltags- und Volksweisheiten, garniert immer mal wieder mit einem Zitat von großen, weltbekannten Rhetorikern, wobei die Palette von Aristoteles bis Jobs reicht (allesamt mit kurzen, einfachen Kernsätzen nach Onlinequellen zitiert). Es geht inhaltlich um die vielfach schon gediegen behandelten Basics der Kommunikation. Im Wesentlichen soll man sich immer und immer wieder auf die Selbsterfahrungen des Autors verlassen. Will man das? So einschlägig, wie er suggeriert, ist der Autor ja vielleicht dann doch nicht. Dreimal als Diversity-Experte von Xing ausgezeichnet, gelegentliche Auftritte bei DIE WELT/N 24 als Karriereexperte, das ist ja alles gut. Aber sind das Referenzen, die für umfassende Kommunikationsexpertise stehen? An Selbstbewusstsein mangelt es hier wahrlich nicht. In der Kurzbiographie des Autors heißt es: Er ist Deutschlands bester Marktstrategieberater und die erste Fachgröße für das "Alleinstellungsmerkmal" (S. 199). Eine Quelle für diese beachtliche Referenz ist nicht genannt. Nebenbei: bislang hat der Rezensent den maßgeblichen Management-Vordenker der letzten Jahrzehnte Peter F. Drucker für den Erfinder und die Benchmark des "Alleinstellungsmerkmals" im geschäftlichen, unternehmerischen und betrieblichen Kontext gehalten. Aber, lassen wir das. 

Welche Leser sind denkbar, die dennoch sicher von diesem Buch profitieren könnten. Wenn es weder der wissenschaftlich orientierte Leser noch der bereits in Kommunikations-Themen erfahrene Leser ist, wer dann? Denkbar sind vor allem junge, in den ersten Berufsjahren stehende Leser und insbesondere unsichere Typen. Gerade für eine solche Gruppe hält Hahl eine Vielzahl von interessanten und konkreten Formulierungen parat. Man kann mit dem Buch nämlich gut trainieren. Und gerade junge Berufseinsteiger können lernen, wie man sich verbal und rhetorisch wirksam zur Wehr setzen und behaupten kann. Am stärksten ist es immer dann, wenn der Autor typische Alltags- und auch Killerphrasen des Berufslebens präsentiert und genaue Vorschläge für sprachliche Konter macht. Beeindruckend besonders in den Kapiteln über die Kunst des Neinsagens (s. 88 ff.) oder über Worthülsen, die im Grunde genommen verkappte Absagen sind: Wir müssten ..., wir könnten ..., wir sollten ... und viele mehr (S. 136 ff.). Oder aber der Umgang mit Suggestivfragen: Ihnen ist doch sicherlich bekannt ... (S. 149). Das ist erfrischend, erhellend, konkret und hilfreich. In diesen Passagen u.a. wird das Buch dann am Ende doch noch innovativ und teilweise zur Lesefreude. Im letzten Drittel wird das Buch dem steilen Anspruch seines Titels "Klartext im Business" doch noch gerecht. Spät, aber nicht zu spät, um ein "bedingt nützlich" als Gesamtwertung zu rechtfertigen. 

Markus Kiefer

(Kolumne vom Markus Kiefer vom 15. April 2025 auf www.markus-kiefer.eu)

Lektüre

Michael Hans Hahl, Klartext im Business. Die besten Strategien der überzeugenden Kommunikation, HAUFE, Freiburg 2024, 200 S, ISBN978-3-648-17771-6, Euro 34,99

 

Erschienen am 15/04/2025 08:06
von Markus Kiefer
in der Kategorie : Für Sie gelesen
Teilen :