Das Trump-Bild in deutschen Medien: Zwischen kritischem Journalismus und oberflächlicher Voreingenommenheit
Die Art und Weise, wie deutsche Medien über Donald Trump berichten, ist zu einem eigenen politischen Thema geworden. Gerade nach seiner ? deutlichen! ? erneuten Wahl zum US-Präsidenten lohnt sich ein kritischer Blick auf die Berichterstattung der vergangenen Jahre.
Gabor Steingart meinte kürzlich in einem seiner Mornings-Briefings, es sei nicht Aufgabe von Journalisten, Donald Trump entweder zu bejubeln oder zu beschimpfen. Primäre Aufgabe sei es erst einmal, ihn zu verstehen.
Das Trump-Bild in deutschen Medien: Zwischen kritischem Journalismus und oberflächlicher Voreingenommenheit
Die Art und Weise, wie deutsche Medien über Donald Trump berichten, ist zu einem eigenen politischen Thema geworden. Gerade nach seiner - deutlichen! - erneuten Wahl zum US-Präsidenten lohnt sich ein kritischer Blick auf die Berichterstattung der vergangenen Jahre.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache
Mehrere Studien und Analysen zeigen ein eindeutiges Bild: Die Trump-Berichterstattung in deutschen Medien ist überwiegend negativ. Während Kritiker von bis zu 98% negativer Berichterstattung sprechen, korrigieren Faktenchecker diese Zahlen nach unten - bestätigen aber dennoch eine deutlich kritische Grundhaltung. Diese Tendenz unterscheidet sich markant von der Medienlandschaft in den USA, wo das Spektrum breiter gefächert ist.
Konkrete Kritikpunkte an der Berichterstattung
Selektive Übersetzungen und Kontextentstellung Immer wieder werden deutsche Medien beschuldigt, Trump-Aussagen aus dem Kontext zu reißen oder irreführend zu übersetzen. Ein dokumentierter Fall betrifft die Übersetzung des Wortes "Blutbad" - ursprünglich auf wirtschaftliche Folgen bezogen, wurde es als Gewaltandrohung interpretiert.
Mangelnde journalistische Distanz Besonders öffentlich-rechtliche Medien wie ARD und ZDF stehen in der Kritik, bei der Trump-Berichterstattung die journalistische Objektivität zu vernachlässigen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung konstatiert eine "oft unausgewogene" Berichterstattung während des Wahlkampfs 2024.
Dramatisierung und Emotionalisierung Deutsche Medien neigen seit langem dazu, Trump-bezogene Nachrichten stark zu dramatisieren. Headlines wie "Staatsfeind Nr. 1" oder Vergleiche mit historischen Diktatoren oder autoritären Herrschern der Gegenwart prägen das Bild, das deutschen Lesern vermittelt wird.
Eklatante Fehleinschätzungen seiner Erfolgschancen
Folgte man dem Medien-Mainstream, dann hatte er zunächst ungewissen Chancen zur Nominierung als Kandidat der Republikaner, dann kaum Chancen gegen den amtierenden Präsidenten-Biden und nur wacklige Chancen nach dessen Rückzug und die Kandidatin Harris. Und nicht wenige Medien sahen in der Prozess-Berichterstattung während der letzten Verfahren vor der Wahl eher im Gefängnis denn im Weißen Haus. Alles komplette Fehleinschätzung, vor allem unter kompletter Verkennung der Stimmungen und Strömungen in der Wählerschaft.
Die andere Seite der Medaille
Verteidiger der kritischen Berichterstattung argumentieren, dass diese der komplexen und kontroversen Natur von Trumps Politik angemessen sei. Sie verweisen auf:
- Trumps eigene aggressive Rhetorik gegenüber Medien
- Seine wiederholten Angriffe auf die Pressefreiheit
- Die Dokumentation seiner umstrittenen politischen Entscheidungen
Auswirkungen auf die deutsche Meinungsbildung
Die einseitige Berichterstattung hat messbare Folgen:
Verzerrte Wahrnehmung der US-Politik Deutsche Bürger erhalten ein unvollständiges Bild der amerikanischen politischen Landschaft, was das Verständnis für Trumps tatsächliche Unterstützung in der US-Bevölkerung erschwert.
Vertrauensverlust in Medien Besonders jüngere Deutsche verlieren zunehmend das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit öffentlich-rechtlicher Medien, teilweise befeuert durch internationale Kritik wie die von Elon Musk.
Polarisierung der deutschen Medienlandschaft
Die Trump-Berichterstattung wird selbst zum Streitthema und verstärkt die Spaltung zwischen etablierten Medien und alternativen Informationsquellen.
Was deutsche Medien daraus lernen können
Die Trump-Berichterstattung offenbart strukturelle Schwächen im deutschen Journalismus:
- Mehr Ausgewogenheit wagen: Auch unpopuläre politische Positionen verdienen faire Darstellung
- Kontextualisierung statt Dramatisierung: Sachliche Einordnung statt emotionaler Bewertung
- Vor allem aber mehr Hintergrund recherchieren: nach den eigentlichen Quellen des Menschen, Welt-, Gesellschafts- und Wirtschafts-Bildes forschen
Nach all den Jahren Trump-Berichterstattung sind viele Fragen noch erstaunlich offen. Nur einige grundlegende, beispielhaft Zum Beispiel: Was ist eigentlich das Ideal-Bild eines Unternehmers in seinen Augen? Welcher Wirtschaftstheorie folgt er? Wie nah ist er den Libertären in der Wirtschaftstheorie wirklich? Welche Vorbilder gibt es, an denen er sich orientiert hat - in seinem persönlichen Leben und in seinem Leben als Unternehmer und Politiker? Klar, man weiß um sein Anlehnen an seinen langjährigen Anwalt Cohen und um seine Bewunderung des Milliardärs Thiel und um seine inzwischen verflogene Musk-Begeisterung? Aber, gibt es da nicht noch andere? Gibt es nicht doch Intellektuelle, Wissenschaftler, auf deren Urteil er zumindest zeitweise etwas gegeben hat oder gibt? Welche Buchlektüren haben ihn zumindest in früheren Jahren geprägt? Was sind für ihn Qualitätsmedien? Wie religiös ist der Mann wirklich? Welcher Art von Christentum lebt er? Praktiziert er seine Religiosität? Betet er regelmäßig? Nutzt er spirituelle oder andere theologische Quellen? Liest er seine persönliche Ausgabe der Bibel (regelmäßig), auf die er so demonstrativ seine Amtseide geleistet hat? Hat er geistliche Berater? Wer sind diese Personen und wie ernst nimmt er diese? Warum nimmt er so wenig Bezug auf die deutsche Heimat seiner Vorfahren ? Ist ihm das zu wenig bekannt, zu wenig präsent oder ist ihm das egal?
Fazit
Ich habe noch immer viele Fragen und kaum substantielle Antworten durch die deutschen Medien bekommen. Was prägt den mächtigsten Politiker der Welt wirklich? Zeit, um tiefer zu schürfen.
Markus Kiefer
(Kolumne von Markus Kiefer vom 1. Juli 2025, überarbeitet 7. Juli 2025, auf www.markus-kiefer.eu)