Frühzeitige Kommunikation bei Unternehmens-Übergaben als Schlüsselfaktor

Übergabe der Führung eines mittelständischen Unternehmens an die nächste Generation - was ist bei der Kommunikation zu beachten?

Die gelungene Kommunikation darf als ein maßgeblicher Erfolgsfaktoren für Unternehmensnachfolgen angesehen werden, insbesondere bei Familienunternehmen. Nehmen wir diesen Fall an: Die Unternehmensnachfolge in einem mittelständischen Familienunternehmen, sagen wir in einer Größenordnung von 100 bis 200 Mitarbeitern, steht an. Geführt in zweiter Generation, wird der Vater, Ende 60, an seinen ältesten Sohn, Anfang 30, übergeben. Gefordert sind eine sorgfältige und frühzeitige Planung und Umsetzung von guter Kommunikation. Ein strukturierter Kommunikationsprozess ist entscheidend, um Vertrauen zu erhalten und den Übergang reibungslos zu gestalten.

Zeitpunkt und Frühzeitigkeit der Kommunikation

Die Ankündigung der Nachfolge sollte frühzeitig erfolgen, idealerweise 12 bis 24 Monate vor dem geplanten Übergabetermin. Diese Zeitspanne ermöglicht es allen Beteiligten, sich auf die Veränderung einzustellen und wichtige Fragen, Unsicherheiten oder möglicherweise sogar Bedenken zu adressieren. Eine rechtzeitige Kommunikation minimiert Unsicherheiten und fördert das Vertrauen in die Kontinuität des Unternehmens.

Kommunikationskanäle und -methoden

Eine Kombination aus persönlichen, schriftlichen und digitalen Kommunikationsmitteln ist empfehlenswert:

  • Persönliche Meetings: Einzelgespräche oder kleine Gruppentreffen mit Schlüsselpersonen wie Führungskräften und langjährigen Mitarbeitern fördern den direkten Austausch und ermöglichen es, auf individuelle Anliegen einzugehen. Eine Betriebsversammlung zuvor, die in ein lockeres Get Together mit zünftigem Imbiss für alle übergeht, könnte eine effektiven Startschuss bilden.
  • Schriftliche Kommunikation: Offizielle Schreiben oder interne Mitteilungen dokumentieren die Nachfolgeregelung frühzeitig und dienen als Referenz für alle Beteiligten, in denen man zentrale Botschaften auch zu späteren Zeitpunkten leicht nachlesen kann.
  • Digitale Plattformen: Unternehmensinterne Netzwerke, Intranets oder Newsletter können genutzt werden, um regelmäßig über den Stand des Übergabeprozesses zu informieren und Transparenz zu gewährleisten.

Priorisierung der Stakeholder

Nicht alle Anspruchsgruppen brauchen die Information zum gleichen Zeitpunkt. Es gibt aber durchaus Stakeholder, die einen echten Anspruch haben, früher als andere einbezogen zu sein. Die Reihenfolge der Informationsweitergabe an die unterschiedlichen Gruppen bedarf einer strategischen Entscheidung über unterschiedliche Ansprachen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Zu adressieren sind in jedem Fall:

  1. Führungskräfte und Mitarbeiter: Sie sind das Rückgrat des Unternehmens und sollten als Erste informiert werden, um Gerüchten vorzubeugen und ihre Unterstützung für den Nachfolger zu sichern.
  2. Finanzpartner (Banken, Investoren oder mögliche externe Anteilseigner): Eine transparente Kommunikation stärkt das Vertrauen in die Langfristige Ausrichtung und Stabilität des Unternehmens.
  3. Kunden: Eine persönliche Ansprache von Schlüsselkunden signalisiert hohe Wertschätzung und stellt sicher, dass Geschäftsbeziehungen stabil bleiben.
  4. Lieferanten und Dienstleister: Durch frühzeitige Information können sie sich auf mögliche Änderungen einstellen und die Zusammenarbeit fortsetzen oder aber die Chance des personellen Wechsels nützen, um die Grundlagen der Zusammenarbeit entweder zu erneuern oder nachzujustieren.
  5. Öffentlichkeit und Politik: Je nach regionaler Bedeutung des Unternehmens kann eine öffentliche Bekanntmachung sinnvoll sein, um das Image des Unternehmens als verlässlicher, kontinuierlicher Wirtschaftsfaktor zu unterstreichen.

Zwei Szenarien und ihre kommunikativen Unterschiede

Die Art und Weise, wie die Nachfolge kommuniziert wird, hängt allerdings stark davon ab, wie präsent der Nachfolger bereits im Unternehmen ist. Hier sind zwei häufige Szenarien und die jeweils passende Kommunikationsstrategie:

Variante A: Der Sohn arbeitet bereits seit Jahren im Unternehmen

Da der Sohn den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten bereits bekannt ist, gibt es weniger Erklärungsbedarf und weniger Unsicherheit. Der Fokus liegt auf der Bestätigung und offiziellen Bekanntgabe des Übergangs, nicht auf einer Einführung als Person.

Empfohlene Maßnahmen:

  • Interne Kommunikation: Frühzeitige, interne Ankündigung an die Belegschaft durch den aktuellen Geschäftsführer, bei kleineren Unternehmen persönlich oder bei größeren Betrieben in einer Betriebsversammlung bzw. in einem Townhall-Meeting - jede Form von Präsenzformaten ist einem Videomeeting hierbei hoch überlegen. Betonung der Kontinuität: Er ist bereits Teil des Teams, kennt die Prozesse und Werte - Möglichkeit für Fragen und Feedback, um Ängste oder Unsicherheiten abzubauen.
  • Kunden & Lieferanten: Individuelle Gespräche mit Schlüsselkunden und -lieferanten durch den aktuellen Geschäftsführer gemeinsam mit dem Nachfolger. Newsletter oder persönliches Anschreiben für weitere Stakeholder-Gruppen im Anschluss.
  • Öffentlichkeit & Politik: Pressemitteilung, Porträt auf der Website und Unternehmenspost auf LinkedIn betonen sanften Übergang und Beständigkeit.

Ziel: Sicherheit und Stabilität vermitteln - "Es bleibt alles in guten Händen."

Variante B: Der Sohn kommt frisch aus dem Ausland und ist im Unternehmen unbekannt

Der Nachfolger war einige Jahre im Ausland, um sein MBA-Studium zu absolvieren und in einem anderen Unternehmen eigene Management-Erfahrung aufzubauen. Hier ist ein starker Fokus auf Einführung, Vertrauensbildung und Akzeptanz notwendig. Es muss mehr Erklärungsarbeit geleistet werden: Warum ist er geeignet? Welche Kompetenzen hat er durch welche Hochschulerfahrungen aufgebaut (ein Studium an einer Elite-Uni wie St. Gallen wird andere Assoziationen auslösen als ein Abschluss an der FH Münster). Wie sieht sein Einarbeitungsprozess genau aus? Das Unternehmen sollte die Übergabe als eher langfristigen, schrittweisen Prozess kommunizieren.

Empfohlene Maßnahmen:

  • Interne Kommunikation: Vorstellung des Sohnes in Mitarbeiterversammlungen oder über interne Kanäle (z. B. Firmennewsletter, Intranet). Persönliche Treffen mit Teams oder Abteilungen, um direkte Bindung aufzubauen. Klare Kommunikation: "Er wird sich in den nächsten X Monaten intensiv einarbeiten."
  • Kunden & Lieferanten: Zunächst Vorstellung in kleiner Runde bei wichtigen Kunden und Lieferanten. Später offizielle Ankündigung an Kunden und Lieferanten in aller Breite, beispielsweise durch einen von Vater und Sohn unterzeichneten Geschäftsbrief, mit einer Betonung der schrittweisen Einarbeitung.
  • Öffentlichkeit & Politik: Erst nach der internen Stabilisierung eine öffentliche Kommunikation. zum Beispiel durch einen LinkedIn-Post oder einen Fachartikel in einem einschlägigen Branchenmedium oder durch ein Interview im Lokalteil des vor Ort maßgeblichen Mediums, in welchen der Sohn seine Vision für die Zukunft teilt.

Ziel: Aufbau von Vertrauen, Positionierung als kompetenter Nachfolger - "Er bringt frische Perspektiven, aber mit Respekt für die Tradition."

Fazit

Ob der Nachfolger bereits bekannt ist oder neu ins Unternehmen kommt - in beiden Fällen ist eine frühzeitige, transparente und gut geplante Kommunikation essenziell. Sie sichert das Vertrauen aller Stakeholder und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Weiterführung des Unternehmens in der nächsten Generation.

(Kolumne von Markus Kiefer vom 1. Mai 2025 auf www.markus-kiefer.eu)

 

Erschienen am 01/05/2025 08:14
von Markus Kiefer
in der Kategorie : Auf den Punkt
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