Gotteshäuser als tote Museen - verpasste Chance der Kirchen-Kommunikation

In vielen europäischen Metropolen muss man tagsüber Eintritt bezahlen, wenn man die kulturell wichtigsten Gotteshäuser betreten möchte. Die christlichen Kirchen vergeben dadurch große Chancen.

Die Sommerferienzeit geht langsam zu Ende. Wer in Europa unterwegs war, wird es auch in diesen Sommerwochen vielerorts in Europa festgestellt haben. Gerade in den Metropolen ist das einfache Betreten von historisch und kulturell wichtigen christlichen Gotteshäusern tagsüber nicht mehr so einfach möglich. Teilweise werden happige Eintrittspreise aufgerufen und kassiert. Wie in einem Museum. Und davon lassen sich viele, wohl durchaus Interessierte, abhalten. Vom Verfasser selbst an mehr als einem Tag vor der Storkyrkan, dem Stockholmer Dom, vielfach registriert. Vor allem junge Familien mit (mehreren) Kindern überlegen das zweimal - und lassen es dann oft. Das sind verpasste Chancen der christlichen Kirchen. Es sind verpasste Chancen der Kirchenkommunikation.

Die einseitige Ausrichtung auf den Tourismus und die Präsentation von noch kultisch aktiv genutzten Gotteshäusern als Museen gegen Eintritt - das ist eine völlig einseitige Engführung. Die gar nicht mehr in unsere Zeit passt.

Die christlichen Kirchen prallen mittlerweile in vielen Teilen der Welt auf Misstrauen, Ablehnung, Desinteresse, Gleichgültigkeit. Vor allem in westlichen, zumal europäischen Regionen. Aus Gründen, die hier nicht ausgeführt werden müssen. Das Missbrauchs-Thema mag hier als Stichwort schon ausreichen. Es führt mancherorts gerade zu massiven Fluchtaustrittsbewegungen. 

Es müsste also im vitalen Interesse der christlichen Kirchen liegen, nicht selbst für weniger Begegnung, sondern für mehr Begegnung zu sorgen. Was liegt als Touchpoint näher, als weit geöffnete Gotteshäuser? Auch aus der Kirche als Institution Ausgetretene suchen sicher Begegnungsmöglichkeiten mit ihrem persönlichen Gott. Religiös und spirituell Suchende würden architektonisch-kulturell reiche Kirchen sicher dankbar als Ort ihrer eigenen Inspiration betreten. Und wie sollen Migranten aus Kulturen mit anderem religiösen Background ein Verhältnis zur abendländisch-christlichen Kultur eröffnen, wenn sie für den Eintritt Geld bezahlen sollen? Und das jedes Mal, wenn sie einen solchen Ort betreten möchten?

Unstrittig ist, die Religionsgemeinschaften brauchen Geld, um ihre jahrhundertealten traditionsreichen Kultstätten zu erhalten. Aber dafür muss es andere Wege geben. Beispielsweise Informationstafeln am Kirchenausgang und die Möglichkeiten einer freiwilligen Beteiligung des Besuchers per Spende.

Was aber dringend abgeschafft gehört, das ist die Unsitte des bezahlten Eintritts. Die Kirchen sollten sich diesbezüglich besinnen. Und umkehren. Das bedeutet, gerade ihre eigenen wichtigsten Kirchen begreifen als Einladung, als Ort der Neubegegnung, ja als Chance einer sanften, modernen Form der Mission. Aber nicht als zahlungspflichtiges Museumstor zur Vergangenheit.

Eine der einprägsamsten Passagen des Franziskus-Film-Porträts vom Starregisseur Wim Wenders ist die Gesprächspassage, als der Papst das berühmte Jesus-Wort zitiert und interpretiert: Du kannst nicht beidem dienen, Gott und dem Mammon. Es ist unmöglich. Sagte Papst Franziskus. So ist es. Lasst das mal also mal weg an unseren bedeutenden Kirchenportalen in Europa!     

Markus Kiefer

(Kolumne von Markus Kiefer vom 1. September 2023 auf www.markus-kiefer.eu)

Erschienen am 01/09/2023 08:33
von Markus Kiefer
in der Kategorie : Auf den Punkt
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