Kamera an! - Gutes Auftreten in der Homeoffice-Kommunikation
Ob Pandemie oder nicht, Homeoffice-Kommunikation wird bei den allermeisten von uns zunehmen. Wie lässt sich hier ein guter persönlicher Auftritt gestalten? Rezension eines neuen Matschnig-Buches.
Geschrieben an den heißesten Tagen des Jahres 2022 und bei relativ niedrigen Corona-Inzidenz-Kennziffern, war sich der Verfasser dieser Rezension immer bewusst, sie werden dennoch kommen. Bald, im Herbst, spätestens um die Jahreswende im Winter. Wieder steigende Fallzahlen, geänderte Rahmenbedingungen, Umstellung auf Homeoffice in vielen Unternehmen, Umstellen auf Online-Vorlesungen und -Kurse an Hochschulen und Bildungsträgern. Und spätestens dann, kommt es genau auf das an, was in diesem Buch sehr genau beschreiben ist. Wie komme ich am besten rüber, wenn die Kamera eingeschaltet ist und auf mich gerichtet? Und das über Stunden hinweg, ja oft, über den gesamten Tag bis in den Abend hinein.
Monika Matschnig hat sich der Sache angenommen. Die diplomierte Psychologin, Dozentin, Buchautorin und Trainerin, ist in den Themenfeldern der Rhetorik und Persönlichen Kommunikation seit langem eine der gefragtesten Speakerinnen im deutschsprachigen Raum. Wer ihre Publikationen, ihre Social Media und ihren Blog verfolgt, dem wird vieles in diesem Buch vertraut vorkommen. Einfach, weil die Grundregeln einer wirkungsvollen Kommunikation natürlich auch im virtuellen Raum gelten. Und dennoch ist vieles anders. Wir müssen uns dort noch mehr anstrengen, um Wirkung zu erzeugen. Viel mehr sogar. Wegen der physischen Abwesenheit des Gegenübers. Weil man ihn und sie nur auf kleinen Kacheln sieht, oftmals schlecht ausgeleuchtet. Sofern Kameras überhaupt eingeschaltet sind. Weil die Stimme anders klingt, die eigene und die des Gegenübers. Weil der Faktor Empathie, das Erfühlen der Stimmungen des Gegenübers, nicht so recht bzw. viel schlechter funktioniert als in der physischen Livesituation. Weil Haltungen, Mimiken, Gestiken oftmals eine Quelle von Fehldeutungen sind.
Es kommt also sehr darauf an, in welcher (Körper-) Haltung wir vor der Kamera sitzen oder stehen. Welche Mimiken wir aktiv einsetzen. Wie wir unsere Stimme flüssig, wohlklingend und sonor stimmen. Was unsere Arme, Hände und Schultern an Bewegungen zeigen - oder an Starre. Dieses alles beschreibt Matschnig nicht nur in gewohnter sprachlicher Klarheit und direktzeigt. Vor allem - und das ist die Besonderheit dieses Paperbacks - sie zeigt es auch, in insgesamt 61 erstklassigen Schwarz-Weiss-Photos, in denen die Autorin das schlechte und das richtige Beispiel einleuchtend selbst plakativ darstellt. Selbst ein Leser, der nur diese Photos und ihre Bildunterschiften aufmerksam rezipiert, würde schon ganz viel davon begreifen, wie man in virtuellen Formaten gut performt.
Schwerpunkt der drei Hauptkapitel des Buches ist die virtuelle Körpersprache (Mittelteil). Dies wird eingerahmt von präzisen Hinweisen zum notwendigen technischen Setting des heimeigenen Studios (Kapitel 1) und von Anregungen, wie man auch im digitalen Raum zumindest Ansätze von Empathie entwickeln sollte (Kapitel 3). Wer kann von der Lektüre in besonderer Weise profitieren? Das sind vor allem Entscheidungsträger. Verfasst ist das Buch vor allem aus der Perspektive der Führungskraft, des Vortragsredners, des Seminarleiters, des Key Note Speakers. Für eine Neuauflage wären weitere Aspekte wünschenswert, zu denen die Verfasserin ganz gewiss auch wertvolle Beiträge leisten kann. Auf was sollten beispielsweise Studierende oder Seminarteilnehmer achten, die ja bei ihren Wortmeldungen immer nur sehr kurz Zeit haben, Wirkung zu erzeugen. Und was wäre eine wertschätzende Haltung des dann zuhörenden Dozenten? Wie sollte sich das in besonderer Weise zeigen und äußern? Generell wären Hinweise für die Gestaltung von Diskussionen und kurzen Wortbeiträgen von großem Wert. Matschnig versteht auch als Kommunikationswissenschaftlerin sehr viel von diesen Themen und hat alle Legitimation, sich auch hierzu zu äußern. Videokonferenzen und Webinare werden uns erhalten bleiben, selbst wenn die Pandemie irgendwann abebbt. Insofern sind wir alle miteinander gehalten, uns diesem Kommunikationsformat auch weiterhin zuzuwenden, uns vielleicht sogar damit anzufreunden - um der eigenen Wirkung und einer besseren Verständigung willen. Weitere Anregungen hierzu aus der Feder und aus der Werkstatt von Monika Matschnig wären willkommen.
Kolumne von Markus Kiefer vom 15. Februar 2023 auf www.markus-kiefer.eu)
Empfehlung
Monika Matschnig, Und plötzlich ist die Kamera an - Souverän wirken in Videokonferenzen, Webinaren & Co., GABAL, Offenbach 2021, 149 S., ISBN 978-3-96739-063-6, Euro 19,80