Management ist ein Beruf

Aus Anlass des 50-jährigen Verlagsjubiläums veröffentlicht der Campus Verlag eine limitierte Sonderauflage des Management-Klassikers von Fredmund Malik.

Was ist Management eigentlich, seiner Natur nach? Ist es eine Disziplin, eine Kunst, eine Wissenschaft? Bedarf es besonderer charakterlicher oder persönlicher Eigenschaften, um es zu einem guten und erfolgreichen Manager zu bringen?

Nichts dergleichen, sagt Professor Fredmund Malik. Es ist schlicht ein Beruf, den im Grunde jeder erlernen kann. Wenn er sich denn nur auf die richtigen Grundsätze und Aufgaben konzentrierte und ein paar wirkungsvolle Instrumente zur Durchsetzung beherrscht. Das war und das ist die Prämisse eines der erfolgreichsten Standardwerke der deutschsprachigen Management-Literatur, das nun in einer sehr lesefreundlich gestalteten Sonderedition vom Campus Verlag neu herausgegeben worden ist, aus Anlass des 50-jährigen Verlags-Jubiläums. 

Wer das Buch noch nicht gelesen hat, sollte genau wissen, worauf er sich einlässt. Denn der 81-jährige Vorarlberger, international renommierter Berater, Hochschullehrer und Autor, denkt Management nicht aus der üblichen Perspektive der deutschen Betriebswirtschaftslehre bzw. der angelsächsischen Business Administration. Seine Grundlagen sind die auf Vernetzung ausgerichteten Wissenschaften der Komplexitätsbeherrschung, konkret der Systemtheorie, der Kybernetik und der Bionik. Und dabei steht er ganz in der Tradition des St. Galler Management-Modells, das ja in besonderer Weise die Einbettung des Unternehmens in gesellschaftliche, politische, ökonomische Umfelder und Rahmenbedingungen denkt. Malik hat bei dem Erfinder dieses Modells, dem berühmten Gelehrten Hans Ulrich sowohl promoviert als auch habilitiert.

Und sein Denken steht stark in der Tradition von Peter F. Drucker, d e m Management-Vordenker des letzten Jahrhunderts.  Ihm ist Malik oft begegnet und von ihm auch stark inspiriert.

Das bedeutet, wie schon auch bei Drucker, Mainstream ist die Sache des Autors nicht. Er hasst Management-Moden. New Work: nicht einmal die Ehre der Erwähnung wird dem modernen Trend auf den 446 Seiten des Paperbacks gegeben. Das Glücklich-Machen am Arbeitsplätz hält er für eine Irrlehre. Wie vieles andere auch in der Management-Literatur aus seiner Sicht vergängliche Schriften selbst ernannter Gurus sind, die die Notwendigkeiten und harten Realitäten in Betrieben und an Arbeitsplätzen kaum kennen. Schon der Untertitel des Buches weist aus, die künstliche Trennung von Work-Life-Balance geht Malik nicht mit. Wie er vieles nicht teilt, was ganze BWL-Hochschul-Bibliotheken füllt. Mit der oft gelesenen Differenzierung zwischen Management und Führung beispielsweise hält Malik sich gar nicht erst auf.  Führung i s t für ihn konsequentes Management. Wenn überhaupt, dann sieht er das add on in Leadership. Aber das ist nicht Thema seines Buches.

Er will kompakt aufzeigen, was gutes Management im Kern bedeutet. Nämlich nicht das Auftreten irgendwelcher Universalgenies oder des "großen Mannes" in der Tradition der "Great Man Theory". Sondern vielmehr bedarf es schlicht der Wirksamkeit. Es geht um das Schaffen von Resultaten. Dazu bedarf es einiger weniger Grundsätze, der Beschränkung auf wesentliche Aufgaben und guten Handwerks. Die sieben Grundsätze (Teil II) sind: Orientierung an Ergebnissen, ganzheitliches Denken, Konzentration auf weniges, Konzentration auf Stärken, Vertrauen, Positives Denken. In Teil III trennt er scharf die Sachaufgaben in Betrieben wie Marketing, Rechnungswesen u.a. von den eigentlichen grundlegenden Aufgaben von Managern. Dies sind aus seiner Sicht nur fünf und zwar diese: Zielsetzung, Organisieren, Entscheidungen, Kontrollieren, Menschen fördern.

In beiden Kapiteln genügen dem Autor je ca. 20 Buchseiten zur Ausführung, oft unterlegt mit Beispielen von Wirksamkeit aus Politik (Truman), Militär (Marshall) und Top-CEO's (Sloan, Maucher). Am Ende fast jeden Unterkapitels folgt stets eine orientierende Zusammenfassung von ein, zwei schlanken Absätzen.

Sehr konkret wird es in Teil IV, den Instrumenten. Hier erfährt der Leser Handfestes zu ihm sicher vertrauten Terrain wie effiziente Sitzungen, Berichten, Budgets. Schon sehr viel weniger vertraut sein dürften die Abschnitte über Assignment oder Leistungsbeurteilung. Assignments sind Schlüsselaufgaben eines Mitarbeiters, die man sehr wohl von Stellenbeschreibungen unterscheiden sollte. Wie man zu nützlichen Assignments für eine Periode von zwölf bis achtzehn Monaten kommt und wie man deren Einhaltung periodisch überprüft, dies gehört gewiss zu den innovativsten Passagen des Buches. Ebenso wie Maliks Vorschlag zur Leistungsbeurteilung. Vergesst die gängigen Checklisten und deren mechanisches Abhaken von Punkten, die generell und theoretisch richtig sein mögen, aber nicht individuell fokussieren, so der Autor. Nehmt euch stattdessen ein leeres Blatt Papier, das Euch zum Nachdenken darüber zwingt, was Ihr denn jetzt als echte Leistungsbilanz des Euch anvertrauten Mitarbeiters aufschreibt, so seine verblüffende Forderung. Ähnlich radikal sein vorgeschlagenes Instrument zur Trennung von alten Zöpfen, der jährliche "Müllabfuhrtag" mit den Mitarbeitern, rechtzeitig terminiert in allen Kalendern und die Leitfrage: "Was sollten wir nicht mehr tun"? 

Das sind die drei zentralen Teile des Buches, eingerahmt von einleitenden Gedanken mit vielfacher Entlarvung gängiger Worthülsen und Denkschablonen und abgerundet mit einem Kapitel, das noch einmal zusammenfassend die theoretischen Grundlagen des Malik'schen Management-Modells bringt.  Ergänzt durch ein orientierendes Glossar und einen Anmerkungsapparat plus Literaturverzeichnis.

Was bleibt nach der Lektüre? Der Eindruck eines in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Buches der Management-Literatur. In der ja vielfach gemessen und durch Interviews und Umfragen geforscht wird. Maliks Hauptmethoden sind das nicht. Er hält viel mehr von Auswertung durch teilnehmende Beobachtung. Genauso so, wie er dem Leser einschärft: Verlasst euch nicht zu eindimensional auf Eure vielen schriftlichen Berichte. Geht vielmehr immer wieder raus, hin zu Euren Mitarbeitern und Führungskräften. Seht nach, was sie tatsächlich tun.

Wie können Personalverantwortliche dieses Buch gewinnbringend für ihre Potentialkräfte nützen? Das Buch ist ein hoch geeignetes Medium zur Selbstreflexion. Wo stehe ich auf meinem Weg zu einem zukünftig wirksamen Manager? Wohin sollte ich mich entwickeln, was kann ich adaptieren, wo besser werden, wo mich fokussieren? Wer als Nachwuchskraft solche Fragen stellt, dem kann man besten Gewissens die Lektüre dieses Buches zur weiteren Eigenarbeit empfehlen - und vielleicht zusätzlich Follow up-Gespräche über bestimmte Aspekte der Lektüre anbieten.

Markus Kiefer

(Kolumne von Markus Kiefer vom 15. September 2025 auf www.markuus-kiefer.eu)

Empfehlung

Fredmund Malik, Führen.Leisten.Leben, Wirksames Management für eine neue Welt, Campus Verlag, Sonderedition, Frankfurt/New York 2025, 446 Seiten, ISBN 978-3-593-52044-5, Euro 25,-- 

 

Erschienen am 15/09/2025 08:35
von Markus Kiefer
in der Kategorie : Für Sie gelesen
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