Meinungsfreiheit - auch und gerade für ausländische Investoren in den Standort Deutschland
Zur Debatte um Elon Musks Beitrag in DIE WELT mit AfD-Wahlempfehlung.
Die Kritik an Elon Musks Gastkommentar in der "Welt", insbesondere wegen seines Aufrufs zur Wahl der AfD, hat eine heftige Debatte ausgelöst. Es überwiegt die Kritik an ihm. Wobei teilweise groteske Positionen vorgetragen werden, wie Demokratie-Gefährdung. Während Musks Aussagen zur Wählbarkeit der AfD durchaus hinterfragt werden können, birgt die heftige und teils völlig überzogene Kritik vielleicht sogar langfristige Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deutschland bemüht sich doch seit langem sehr nachhaltig um ausländische Investoren in den Standort Deutschland. Mit allen Mitteln, nicht zuletzt Steuermitteln und Subventionen.
Hier sind fünf Gründe, warum die maßlose Musk-Kritik diese Bemühungen nun konterkarieren könnte.
1. Signalwirkung auf potenzielle Investoren
Die öffentliche Empörung über Musks Aussagen sendet ein negatives Signal an ausländische Unternehmer und Investoren. Deutschland positioniert sich einerseits als ein attraktiver Wirtschaftsstandort, der Innovation und Unternehmertum fördert. Wenn dann jedoch ein prominenter Investor wie Elon Musk, der bereits groß angelegte Projekte wie die Tesla-Gigafactory in Brandenburg umgesetzt hat, öffentlich an den Pranger gestellt wird, könnte dies andererseits andere potenzielle Investoren abschrecken. Vor allem aber könnte auf der Seite potentieller Investoren dieser Eindruck entstehen: Euer Geld dürft Ihr einbringen, Arbeitsplätze dürft Ihr schaffen, Steuern dürft Ihr zahlen - aber mischt Euch ansonsten nicht in unsere deutsche Angelegenheit ein. Wäre ein solcher Eindruck nicht fatal?
2. Gefahr eines Klimas der Intoleranz
Global erfolgreich wirkende Unternehmer schätzen Länder, die Meinungsfreiheit und offenen Diskurs fördern. Die harsche Kritik an der Musk-Meinung, insbesondere seiner politischen Einschätzungen, könnte ein Klima der Intoleranz gegenüber kontroversen Ansichten signalisieren. Selbst wenn einem Musks direkter AfD-Aufruf zuwider ist, sollte man bedenken, dass eine übermäßige Reaktion hierauf abschreckend wirken kann. Weltweit tätige Investoren suchen Standorte, an denen sie frei agieren und ihre Sichtweisen einbringen können, ohne mit überzogener öffentlicher Ablehnung rechnen zu müssen. Unternehmerischer Erfolg gegen die Stimmung maßgeblicher Stakeholder ist nämlich nicht vorstellbar.
3. Schwächung des Standorts als Innovationsführer
Elon Musk steht weltweit für Innovation und technologische Spitzenleistungen. Die Tesla-Gigafactory in Brandenburg ist ein Paradebeispiel dafür, wie Deutschland von solchen Visionären profitieren kann. Die übermäßige Kritik an Musk könnte als Signal verstanden werden, dass Deutschlands Offenheit für technologischen Fortschritt nicht mit einer Offenheit für kontroverse oder unpopuläre Meinungen einhergeht. Dies würde Deutschland im globalen Wettbewerb um technologische Spitzeninvestitionen aber schwächen. Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs mit Ländern wie den USA und China ist ein innovatives und offenes Investitionsklima entscheidend. Ja, genau ein solches Klima von Toleranz kann ein Unterscheidungsmerkmal sein, dadurch sogar vielleicht ein Wettbewerbsvorteil.
4. Gefährdung bestehender Beziehungen
Deutschland hat bereits erheblich von Musks Engagement profitiert. Die Tesla-Gigafactory in Brandenburg hat Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen und die Region wirtschaftlich gestärkt. Um nur ein weiteres Detail seiner deutschen Geschäftsbeziehungen zu erwähnen: Aktueller Musk-Kunde ist unter anderem der deutsche Geheimdienst BND. Eine anhaltend überzogene Kritik könnte seine in Deutschland bestehenden Geschäftsbeziehungen insgesamt belasten und Musks Motivation, weiter in Deutschland zu investieren, verringern. Unternehmer wie Musk sind äußerst mobil und agil und können ihre Projekte auch in Ländern realisieren, die ihnen viel wohl gesonnener sind.
5. Widerspruch zu Deutschlands Bemühungen um Offenheit und Toleranz
Deutschland bemüht sich, international als weltoffener Standort wahrgenommen zu werden, der Vielfalt und Meinungsfreiheit fördert. Eine öffentliche Reaktion, die über sachliche Kritik hinausgeht und in persönliche Angriffe oder Boykottaufrufe übergeht, könnte diesem Image schaden. Es besteht die Gefahr, dass Deutschland als intolerant gegenüber kontroversen Meinungen wahrgenommen wird. Apropos Toleranz: Die AfD hatte seinerzeit als einzige politische Partei das Brandenburg-Investment von Elon Musk bekämpft. Es ist doch sehr bemerkenswert, dass er da heute einfach drübersteht und trotzdem die Wahl dieser Partei empfiehlt. Sollte man sich seine Beweggründe dafür nicht genauer anschauen? Warum genau empfiehlt der reichste Mann der WELT und ungewöhnlich erfolgreiche Unternehmer den Deutschen ausgerechnet diese Wahl? Das wäre doch einer tieferschürfenden Analyse wert - selbst, wenn Musks eigener Text in der WELT dazu erst einmal nicht viel hergibt und seine drauf gesetzten Beleidigungen unserer Staatsspitzen natürlich völlig daneben, völlig inakzeptabel sind.
Fazit
Die Kritik an der Wahl-Empfehlung von Elon Musk mag inhaltlich, zumindest in Teilen, gut nachvollziehbar sein. Insbesondere mit Blick auf die von Musk wahrgenommene, vermeintliche Wirtschafts-Kompetenz der AfD. Dennoch sollte die weitere Diskussion mit Augenmaß geführt werden. Einlassungen wie die der SPD-Vorsitzenden ("Musk kennt nur ein Ziel: noch reicher zu werden.") sind unterkomplex und kontraproduktiv. Ein überzogener Umgang mit prominenten Investoren könnte langfristig schädlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland sein. Ein differenzierterer Umgang, der zwischen einer kritischen politischen Auseinandersetzung und der Anerkennung von Musks wirtschaftlichem Beitrag zum Standort Deutschland und eine ja tatsächlich nötige kritisch-sachliche Analyse seiner wirtschafts- und industriepolitischen Positionen unterscheidet-, dieser Mix des Umgangs wäre zielführend. So könnte Deutschland sein Image als offener und innovationsfreundlicher Standort bewahren. Und nicht zuletzt sollte man im Blick behalten, dass man hier das Sperrfeuer auf Trumps derzeit wohl einflussreichsten Berater lenkt. Und der künftige US-Präsident hat Deutschland bereits schon länger sehr kritisch im Visier. Weiteres Unterfutter sollte man hier nicht bieten.
Markus Kiefer
(Kolumne von Markus Kiefer vom 1. Januar 2025 auf www.markus -kiefer.eu)