Persönliche Social Media Accounts für Topmanager

Sollen Topmanager, neben den Unternehmens-Accounts, noch eigene persönliche Social Media-Auftritte pflegen? Kerstin Hoffmann ("PR-Doktor") plädiert in ihrem neuen Buch genau dafür.

 

Kerstin Hoffmann ist eine viel gefragte Beraterin, bekannte Bloggerin und oft zitierte Fachbuchautorin, einschlägig in den vergangenen Jahren vor allem im Feld der Social Media. "PR-Doktor" verwendet die promovierte Kommunikations- und Strategieberaterin als ihren Branchennamen. Und in ihrer neuesten Publikation wird sie dem Namen (wieder) vollauf gerecht. Ihr Anliegen ist es, die Top Executive-Ebene (Vorstände, Geschäftsführer, Unternehmenseigner) zu überzeugen, nicht nur ihre Kommunikationsmanager die Arbeit machen zu lassen, sondern selbst persönlich Gesicht und Flagge in den Sozialen Medien zu zeigen. Das nimmt manches Mal geradezu therapeutische Züge an, wie allein schon die Überschrift des sechsten und vorletzten Kapitels im 212-Seiten starken Paperback anzeigt: "Wie überzeuge ich meinen skeptischen CEO?" Und der wird gar nicht so selten sein, nämlich jener Typ Spitzenmanager, der sich möglichst wenig öffentlich zeigen mag und wenn, dann schon gar nicht seine persönliche Seite.

Doch der Reihe nach. 

Hoffmann geht von drei zentralen Prämissen aus, die überzeugend vorgetragen werden. Reputation und Image eines Unternehmens werden heute in weiten Teilen durch die Wahrnehmung der Taten und Worte jener bestimmt, die an der Spitze stehen. Diese Eindrücke werden kaum durch direkte Begegnungen, sondern medial vermittelt und wer hierfür nur konventionelle Medien nutzt, erreicht große Teile des Publikums nicht (mehr). Hierfür sind neue Wege zu gehen, wie z.B. die von vielen Unternehmen schon genutzten Social Influencer-Programme, wie aber noch wirkungsvoller greifen würden, wenn außer den beteiligten Mitarbeitern der zweiten, dritten Linie oder aus der Produktionsebene nun auch die Topleute agieren - auf der Grundlage einer sorgfältig erarbeiteten Kommunikations-Strategie und einer eindeutigen inhaltlichen Positionierung (beispielsweise als spezielle Fachautorität oder als Thought Leader) 

Das Buch baut inhaltlich wie folgt auf. Nach der Einleitung folgt ein langes, zweites Kapitel mit vielen Argumenten und Begründungen für einen mit persönlichen Social Media Accounts punktenden Spitzenmanager. Diese Begründungen (u.a. Social Media Influencer-Bewegung, Personal Branding, New Work, neues Unternehmenskulturen, Digital Literacy u.a.) sind dem erfahrenen Leser aus anderer Fachliteraturlektüre sicher bereits gut vertraut. Der noch Unsichere und noch Tastende findet hier belastbare Fakten und Tendenzen, mit denen er sich mutiger auf neues Terrain begeben könnte. Kapitel 3 passt die Social Media-Präsenz in die Gesamtkommunikation eines Unternehmens/einer Organisation ein und stellt Gedanken zur integrierten Zusammenarbeit und Abstimmung vor. Herzstück des Buches ist Kapitel 4, in welchem Hoffmann Schritt für Schritt erläutert, wie man eine Social Media-Kommunikationsstrategie für Topleute erarbeitet. Dabei stellt sie auch ihre eigene, aus 14 Stationen bestehende Kurzstrategie im Canvas-Format vor, ein Modell, das sich bei ihren eigenen Beratungen bewährt hat. Vieles aus diesem und dem folgenden Kapitel (Content-Strategie) sind praxisnahe Baustein, bei denen man sich unschwer vorstellen kann, wie das Kommunikationsteam eines Topmanagers das in eigenen Workshops und Audits fast 1:1 verwenden kann. Schaubilder. Checklisten, Fragenkataloge bieten sich hier als interessante und direkt einsetzbare Arbeitshilfen für eigene Überlegungen an.

Kapitel 6 wurde oben bereits erwähnt. Es ist sehr realitätsnah geschrieben, man merkt die reiche Praxiserfahrung der Autorin. Sie bringt typische Gegeneinwände, wie sie in den Köpfen der Topleute bestehen und auch vorgetragen werden und liefert dann argumentative Handreichungen, wie der Kommunikationsberater mit diesen Einwänden umgehen sollte. Das ist innovativ, ebenso wie das letzte Kapitel, in dem die sensible Situation behandelt wird, was denn mit dem erarbeiteten Renommee, dem durch die persönlichen Social Media-Accounts eines Spitzenmanagers oder eines Eigentümer-Unternehmers geschaffenen sozialen Kommunikationskapital passiert, wenn diese Leute das Unternehmen verlassen oder die Entscheider-Positionen aus anderen Gründen räumen. Dankenswert, denn es ist ein in der Fachliteratur eher selten behandelts Thema, das in der Realität aber oft Antworten fordert.

Beispielhaft dekliniert die Autorin die Themen vor allem anhand LinkedIn, aktuell von vielen Entscheidern bereits entdeckt und genutzt. Die populären Social Media ändern häufig ihre Funktionen. Um ihre Ausführungen aktuell zu halten, hat Kerstin Hoffmann parallel zum Buch eine begleitende Website mit weiterführenden aktuellen Informationen, Links etc. bereit. Das ist service-orientiertes modernes Publizieren, die Leserinnen und Leser werden es dankbar vermerken.

Was man sich für eine Neuauflage des praxisnahen und anregenden Fachbuches wünschen würde: deutlich mehr und gern auch etwas ausführlichere Best Practice Cases, gerade von CEO's die auf LinkedIn erfolgreich kommunizieren. Palmerhargreaves hat 2024 eine Auswertung ("Beyond Business. Leadership im Wandel") veröffentlicht, in der die besten Social Media-Netzwerker in LinkedIn ausgewiesen. Netzwerker sind solche Manager, die stark interagieren, also nicht nur inhaltliche Posts platzieren, sondern auf Kommentare reagieren, auf anderen Accounts eigene Kommentare hinterlassen oder auf andere Weise kommunikativ stark interagieren. Und hier kommen ganz andere Rankings heraus, als wenn man nur nach reinen Follower-Zahlen und Anzahl erreichter Likes auf eigene Posts fragt. Bei den Reichweiten ist es Mercedes-Chef Källenius, der vorn liegt. Bei den stark Interagierenden ist es interessanterweise RWE-Chef Krebber. Kerstin Hoffmann sieht in ihrem Buch diesen fundamentalen Aspekt, dass es hier nicht einfach nur um Posten, Posten, Posten geht. Sondern dass es sehr aufs Hören und Hinhören ankommt, das man durch wertschätzendes Eingehen auf andere ja durchaus ausweisen kann. Wünschenswert wäre, wenn sie das WIE noch plastischer durch Aufgreifen solcher aktueller Best Practices illustrieren könnte.

Wer ist der idealtypische Leser dieses Buches? Kerstin Hoffmann wäre es natürlich am liebsten, CEO's selbst nähmen es in die Hand. Aber sie hat es so geschrieben, dass es für viele Führungskräfte Denkanstöße liefern kann. Am nützlichsten dürfte es für Unternehmen und Organisationen sein, die aktuell überlegen, ob sie außer den bestehenden Unternehmensaccounts auch persönliche Accounts des Topmanagements aufbauen und dauerhaft bespielen sollten. Für solche Strategie-Workshops wären viele Passagen des Buches ideale Arbeitsgrundlagen.

Markus Kiefer

(Kolumne von Markus Kiefer vom 15. Januar 2025 auf www.markus-kiefer.eu)

Empfehlung

Kerstin Hoffmann, Social CEO. Strategien für Führungskräfte als Corporate Influencer, Haufe, Freiburg 2024, 212 S, ISBN978-3648-17550-7, ? 44,99

 

Erschienen am 15/01/2025 08:05
von Markus Kiefer
in der Kategorie : Für Sie gelesen
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