Studentenolympiade in NRW - Trumpf für eine erfolgreiche Olympiabewerbung?
Die soeben zu Ende gegangene "Studentenolympiade" wir von der regionalen Politik als erfolgreiche Bewerbung für kommende Olympische Spiele bewertet. Ist das gerechtfertigt?
Die soeben zu Ende gegangene Studentenolympiade wird nicht nur von den Veranstaltern als voller Erfolg gewertet. Auch die örtliche, lokale und regionale Politik und allen voran NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst werten die FISU World University Games als Nachweis von Olympiatauglichkeit der Region. Gerechtfertigt?
Ohne Frage waren die Spiele an Rhein und Ruhr großartig durchorgansiert. Wobei man dabei wissen muss, dass die Verantwortung dafür vor allem die FISU selbst hat, mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung in der Austragung und Organisation des vollen Wettbewerbs. Man sucht sich im jeweiligen Austragungsland dann, nach strengen Vergabekriterien, kompetente Partner vor Ort - und hat diese 2025 ganz offensichtlich in gut geführten lokalen Vereinen und Clubs und Organisationen auch tatsächlich gefunden. Von Pannen wurde nichts bekannt, schon gar nicht war von größeren Pannen zu hören.
Schauen wir auf die Zuschauerzahl. 1,2 Mio an allen Wettkämpfen zusammengenommen, in der Schlußpressekonferenz der Veranstalter als Resonanz gefeiert. 1,2 Millionen in über zwei Wettkampfwochen, in einer Metropolregion im Ballungsraum Rhein-Ruhr - kann man das wirklich als durchschlagenden Erfolg werten? Manchmal zwar vollpralle Stadien und Hallen, ausverkauft sogar beim Basketball 3x3, an den Finaltagen beim Beachvolleyball in Duisburg und beim Tennis im Etuf Essen beispielsweise. Aber ansonsten teilweise gähnende Leere auf den Rängen. Selbst in der in Deutschland doch so traditionsreichen Leichtathletik war das Wattenscheider Lohrheidestadion nur am Schlußveranstaltungstag wirklich prall gefüllt.
Ganz offensichtlich ist hier, in einer wirklich sportbegeisterten Region, noch viel Luft nach oben geblieben. Klar, es war Sommerferienzeit. Aber genau dies wäre doch zugleich die Chance, massiv um ein junges Publikum bei den daheim Gebliebenen zu werben?
Man musste schon wissen, dass die FISU als Träger der Wettbewerbe ein eigenes FISU-TV mit Internet-Livestream aus allen Veranstaltungsorten betreibt. Und auch in der ARD-Mediathek hätte man natürlich Livestreams finden können. Wer das jedoch nicht wusste - was garantiert für viele Ältere zutraf-, der war auf den Transport durch die klassischen lokalen und regionalen Medien angewiesen. Denn in den überregionalen Fernseh-Nachrichten-Medien fand die FISU gar keine Erwähnung. Aber selbst der Westdeutsche Rundfunk übertrug in der zweiten Wettkampfwoche im linearen Fernsehen abends, live zur besten Sendezeit nur ganze zweimal und dies nur für begrenzte 90 Minuten (dass es anders geht: über das an diesem Wochenende in Dresden startende Multi-Disziplinen-Sportevent werden ARD und ZDF 30 Stunden allein in ihren linearen Programmen live berichten). In den Radionachrichten des WDR zur jeweils vollen Stunde gab es keine Nachrichten über die Sieger in den verschiedenen Disziplinen. In der regional dominierenden Tageszeitung, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, gab es im überregionalen Sportteil zwar immer mal wieder einen Hintergrundbericht auf Seite 3 oder 4. Aber eben keine tagesaktuelle Berichterstattung aus den Sportstätten. Und auch keine tägliche Übersicht, wo am Tag selbst in welchem Stadion welcher Wettbewerb um wie viel Uhr zu sehen war. Und wie man an Tickets kommen könnte (die es übrigens ausschließlich online gab). Die Spiele waren so für viele Menschen wenig bis gar nicht sichtbar.
Und wenn es die Mainstream-Medien nicht oder nicht ausreichend machen, gäbe es natürlich im Social Media-Zeitalter noch andere Wege der Mobilisierung. Und, klar, es gab sicher den ein oder anderen motivierenden Posts oder auch mal eine Story von maßgeblichen Lokalpolitikern auf ihren Accounts. Aber eine kontinuierliche Social Media-Begleitkommunikation bpsw. der Landesregierung fehlte. Der Ministerpräsident, der Olympia doch so gern im eigenen Bundesland ausrichten würde, war, nach Auswertung aller Medien und seines öffentlichen Terminkalenders, im Zeitraum vom 10. bis 27. Juli nur an zwei Wettkampftagen vor Ort dabei (am 17. Juli beim Baseketball und Rollstuhlbasketball in Bochum und am 23. Juli Rundgang zu verschiedenen Wettbewerben in den Essener Messehallen - dazu noch bei der Eröffnungsfeier als Redner und bei einem Ehrenamtlertreffen). Immerhin, und schon deutlich mehr als seine Kabinettsmitglieder mit Sportverantwortung. Die für den Sport zuständige Staatssekretärin Milz hat, nach gleicher systematischer Auswertung, maximal einmal Wettkämpfe im Stadion mitverfolgt, wenn sie nach dem Ehrenamtler-Empfang am 21. Juli im Lohrheidestadion, denn dann anschließend noch (hoffentlich!) bei Leichtathletik-Wettbewerben zugesehen hat. Weitere Kabinettsmitglieder wurden gar nicht bei Wettkämpfen gesichtet. Die Medialen bei der Siegerherung am Schlußtag der Leichtathletik-Wettbewerbe wurden von völlig unbekannten Ministerialbeamten der Staatskanzlei übergeben. Weckt man so wirklich überzeugend und werbend Sportbegeisterung bei der eigenen Bevölkerung? War es wirklich nicht möglich und zu koordinieren, dass an jedem einzelnen Wettkampftag ein Mitglied des Landeskabinetts an einer Wettkampfstätte vor Ort gewesen wäre und über seine Social-Media-Accounts darauf vorab, während und danach kommuniziert hätte? Und hätte man nicht in koordinierter Aktion jeden Oberbürgermeister einer involvierten Stadt dazu gewinnen können, täglich über seine Social Media Accounts bei Instagram, Facebook, Tiktok u.a. tagesaktuell die Spiele zu pushen? Wenn man das wirklich will, ist die Umsetzung für die zuständigen Presse- und Social Media Teams doch gar keine Sache. So etwas wäre doch ansteckend und hätte Publikum gezogen.
Fazit: bei der medialen und politischen Begleitkommunikation der "Rhine-Ruhr FISU World University Games" war noch viel Luft nach oben. In der Sache selbst: wen immer man traf, der bei einem Wettbewerb vor Ort dabei war, berichtete begeistert von der sportlichen Qualität des Gesehenen und der ansteckenden internationalen Atmosphäre des Erlebten. Das spricht für das Begeisterungspotential vor Ort und somit für die künftige Austragung sportlicher Großveranstaltungen. Und diese Begeisterung ist gewiss nicht in allen deutschen Metropolregionen in gleicher Form gegeben. Mit diesem Pfund lässt sich wuchern. Politik und Medien sollten dieses Potential bei der nächsten sportlichen Wettbewerbschance in der Region viel konsequenter heben.
Markus Kiefer
(Kolumne von Markus Kiefer vom 1. August 2025 auf www.markus-kiefer.eu)